Mit einem Kelch Wein in der Hand beobachtete, oder besser: überwachte, Julia die letzten Vorbereitungen für das Frühlingsfest. Den ganzen Tag wurden Girlanden aus Stoffbändern und den ersten Frühlingsblumen aufgehängt. Lange Tische standen an den Seiten, davor Stühle für die geladenen Gäste. Vor Kopf die lange Tafel für den König und sein Gefolge. Obstplatten standen bereits auf den Tischen. Karaffen mit Wein, Whisky und Bier. Ebenso wie verschiedene Käsesorten, frisches Brot und kaltes Fleisch vom Schwein und Huhn. In verschwenderischer Fülle war das Essen aufgetragen.
Musiker nahmen bereits Aufstellung. Ein Barde war dabei. Der Hofnarr tanzte ebenfalls seit einiger Zeit durch die große Halle und ging Julia furchtbar auf die Nerven. Dagegen half nur Wein. Sie hatte bereits den dritten Kelch in der Hand. Sie würde etwas langsamer trinken müssen, um den Abend zu überstehen. Als offizielle Mätresse des verwitweten Königs, saß sie heute mit an seinem Tisch. Sie wollte ihn nicht blamieren. Umgezogen war sie bereits. Ihr dunkelrotes Brokatkleid war an den Säumen mit Goldspitze versehen. Der Ausschnitt war tief, aber nicht zu tief, um unzüchtig zu gelten. Das blonde Haar schimmerte wie Honig. Hochgesteckt am Hinterkopf, an den Seiten lockten sich feine Strähnen und rahmten das Gesicht ein. Kostbares Geschmeide funkelte an ihrem Hals, den Ohren und den Fingern. Geschenke des Königs.
Kingsbridge Das Leben in einer mittelalterlichen Stadt
