Rückblick
Myriel und Tom waren verliebt, als sie im letzten Herbst an der großen königlichen Jagd teilnahmen. Vermeintlich lief die Jagd sogar recht gut und doch nahm sie kein so gutes Ende, im Nachhinein betrachtet.
Es sollte nur ein kurzer Zwischenhalt in München werden, doch dauert den ganzen Winter an. Tom hatte hohes Fieber und musste für lange Zeit ins Kloster einkehren.
Myriel blieb mit Benno in München und hoffte Tag ein, Tag aus auf die Genesung ihres Verlobten.
Zu Beginn des Jahres beschlich Myriel das Gefühl, dass etwas mit ihr nicht stimmen würde. Das Mieder wurde enger und sie bemerkte deutliche Veränderungen an ihrem Körper. Doch wem sollte sie sich anvertrauen, es gab niemanden... Oder doch... Im Februar dann nahm sie allen Mut zusammen und sprach mit Alma, Toms Schwester, über ihren Verdacht.
Alma sicherte ihr alle Unterstützung zu, aber sie selbst war auch eine alleinerziehende und hatte gewiss auch alle Hand zu tun.
Anfang März war es dann doch soweit, Tom kehrte aus dem Kloster zurück. Myriel war so voller Freude ihn wieder zu sehen, in die Arme schließen zu können. Sie erzählte ihm von dem Kind, welches sie unterm Herzen trägt und Tom schien sich zu freuen... Und doch, Myriel wurde das Gefühl nicht ls, das Tom zu viel auf einmal wollte. Er wollte so weiter machen wie vor der Krankheit, doch nach der langen Zeit war doch nur jeder froh, dass er wieder zurück war.
Eines Tages, Myriel kam gerade mit Benno aus der Kirche zurück, da war Tom verschwunden. Ohne ein Wort des Abschieds, ohne einen Brief, mit kaum was am Leib.
Tage und Wochen vergingen, aus Besorgnis wurde zuerst Wut und irgendwann Ernüchterung...
Heute ist es so...
In München, im Haus von Tom hielt sie es nur wenige Wochen aus. Niemand hatte etwas von Tom gehört, weder die Schwestern, noch die Eltern, noch Karl und Traudl auf Lüchtringen. Da niemand über seinen Verbleib bescheid wusste, wurde Lüchtringen dem Herzogenpaar DiLoredan zurück gegeben.
Myriel und Benno zogen fort aus München, nicht weit, aber zumindest die Grafschaft wurde verlassen, Richtung Österreich.
In der ersten Zeit konnte Myriel die Schwangerschaft noch ganz gut verbergen, sie fand eine Anstellung auf einem kleinen Hof, wo auch Benno sich um die Pferde kümmern konnte.
Doch je weiter der Frühling und Sommer fortschritt, desto schwerer wurde die Arbeit für die schwangere Frau. Hin und wieder schrieb Myriel Briefe an Alma oder Traudl und Karl, doch es wurde immer weniger, denn je mehr der Frühling und Sommer voran schritten, desto mehr wurde ihr klar: er würde nicht zurück kommen. Vermutlich war ihm einfach alles zu viel.
Myriel akzeptierte dies so gut sie es konnte, mal mehr, mal weniger.
Inzwischen konnte man auch den runden Bauch kaum noch verbergen. Da man den Bauern nicht den Ruf verderben wollte zogen Myriel und Benno weiter, an Linz vorbei, Richtung Steiermark. In den Ruinen des ehemaligen Steyr ließen sie sich nieder. Der Sommer war warm und trocken und Myriels Füße wollten sie keinen Meter mehr weit tragen.
Mit dem gesparten Geld konnten sie sich halbwegs über Wasser halten, Benno schaffte hin und wieder aber auch Früchte heran, woher sie stammten, das fragte Myriel besser nicht.
Der Säugling in ihr machte sich ebenfalls heftig bemerkbar. Er drehte sich und trat und boxte was das Zeug hielt. Bis zur Niederkunft würde es wohl nun nicht mehr lange dauern. Der runde Bauch senkte sich bereits und hin und wieder spürte Myriel ein kräftiges Ziehen im Unterleib.
Ob das bereits Wehen waren, sie wusste es nicht. Wie sie danach mit dem Säugling und Benno weiter leben sollte, sie hatte keine Ahnung. Es würde irgendwie gehen müssen.
Nachts wenn die Luft etwas kühler war, wanderte Myriel durch die ehemaligen Straßen von Steyr, sie blickte zum klaren Sternenhimmel und summte eine Melodie. Damit wenigstens das kleine Wesen in ihrem Bauch zur Ruhe kam, streichelte sie die Rundung mit ihren Händen. Und so wanderte sie die halbe Nacht mit Blick zu den Sternen, bis auch sie die nötige Ruhe fand und schlafen gehen konnte.